Seminare, Kongresse, Workshops – alles gut und wichtig. Aber oft bleiben sie in einer vertrauten Struktur: Vorn steht jemand, der spricht, und andere hören zu. Wissen fließt von oben nach unten, Erkenntnis entsteht linear.

Das Barcamp-Prinzip funktioniert anders. Es gibt keine Bühne, keine fertige Agenda, keine Hierarchie.
Was zählt, sind die Themen der Teilnehmenden – und der Mut, sich einzubringen.
Und genau das ist der Punkt, an dem sich Barcamps und Mediation begegnen.


Struktur durch Selbstorganisation

Barcamps wirken auf den ersten Blick chaotisch. Menschen treffen ein, bringen Ideen ein, hängen Zettel an Wände, verhandeln Zeitfenster – und plötzlich entsteht Struktur. Nicht durch Planung, sondern durch Resonanz.

Auch in der Mediation passiert genau das: Aus einem Rahmen, der Halt gibt, entsteht etwas Neues. Nicht, weil jemand vorgibt, wie es laufen soll, sondern weil Menschen miteinander in Beziehung treten.
Der Mediator hält den Raum, aber er führt nicht. Er schafft Orientierung, keine Richtung.
Das Prinzip: Selbstorganisation durch Vertrauen.


Mediation als Raum – nicht als Methode

Mediation wird oft als Werkzeug verstanden, als Technik, um Konflikte zu bearbeiten. Doch eigentlich ist sie ein Raum – ein geschützter Kontext, in dem Menschen sich zuhören, ihre Perspektiven austauschen und neue Bedeutungen schaffen können.

Das Barcamp macht diesen Raum sichtbar. Wer spricht, wird gehört. Wer zuhört, gestaltet mit. Und wer sich beteiligt, trägt Verantwortung – für das, was entsteht.

So wie in der Mediation: Nicht der Mediator entscheidet, was wichtig ist, sondern die Beteiligten selbst. Mediation ist kein Programm – sie ist ein Aushandlungsraum für Bedeutung.

Vom Vortrag zur Begegnung

In klassischen Formaten stehen Expert*innen im Mittelpunkt. Im Barcamp gibt es keine Bühne, keine Hierarchie, keine Tagesordnung.
Diese scheinbare „Planlosigkeit“ schafft Struktur, statt Frontalkommunikation entsteht Beziehung, statt Konsum entsteht Beteiligung.

Auch Mediation funktioniert nicht über Belehrung, sondern über Teilhabe.
Sobald Menschen ihre eigenen Themen einbringen dürfen, steigt ihr Engagement – und die Bereitschaft, Verantwortung für Ergebnisse zu übernehmen.
Der Lernprozess – oder die Klärung – geschieht nicht durch Wissensvermittlung, sondern durch Resonanz.


Lernen auf Augenhöhe

Was das Barcamp-Prinzip so faszinierend macht, ist seine Konsequenz:
Es zwingt uns, Gleichrangigkeit nicht nur zu behaupten, sondern zu leben.
Niemand weiß alles, niemand weiß nichts. Jede Stimme hat Gewicht, weil sie aus Erfahrung spricht.

Das ist der Kern guter Mediation: Dialog auf Augenhöhe, getragen von Respekt und Neugier. Barcamps sind im besten Sinne mediativ – weil sie Vertrauen voraussetzen und Begegnung ermöglichen.


Fazit – Haltung als gemeinsamer Nenner

Vielleicht ist das Barcamp die logische Weiterentwicklung einer Mediationsausbildung. Weg von formalen Lernstrukturen, hin zu Formaten, die Reflexion, Haltung und kollektives Lernen fördern.

Beide Formate – Barcamp und Mediation – leben von derselben Idee:
dass Menschen in der Lage sind, Sinn zu stiften, wenn man ihnen Raum gibt.

Und vielleicht liegt genau darin die Zukunft unserer Profession:
Weniger Methode, mehr Haltung.


🗓️ Hinweis

für 2026 sind zwei Barcamps Mediation in Planung:

  • Barcamp Mediation Reutlingen, 16. Mai 2026
  • Barcamp Mediation Reutlingen, 19. September 2026

Beide Veranstaltungen sollen Raum für Austausch, Praxisbeispiele und neue Formate bieten. Wer über Themen und Termine informiert werden möchte, kann sich hier informieren und vormerken lassen.

Hinweis: Um die Lesbarkeit dieses Beitrags zu erhalten, wurde darauf verzichtet, diesen zu gendern. Das soll nicht als Mißachtung verstehen werden.